Die folgenden Gedanken sollte nur der lesen, der sich
ernsthaft für
einen vorbildgetreuen Betrieb in der zweiten Hälfte der Zwanziger
in Preußen, bzw. Schlesien interessiert
DB- Epoche III Fahrer mit bayerischem Motiv wird das hier kaum
berühren...
;-)
Warum Epoche II?
Das wurde schon oft erörtert. Abwechslungsreicher
Fahrzeugpark,
alte Länderbahnloks neben modernen Elloks, bunter Wagenpark und
die
meisten Transporte finden auf der Schiene statt.
Mich reizte zum Anfang die Ästhetik der Stromlinie und die
unverbauten
Einheitsloks. Auch ist der Anteil der DRG- Modellbahner recht gering,
so
daß Kreativität gefragt ist.
Etwas anderes als das "Epoche- III/ IV" Einerlei auf Ausstellungen
usw...
Warum die zweite Hälfte der Zwanziger?
Diese Phase ist relativ unbekannt, trotzdem fanden hier die
entscheidenden
Dinge statt, die das Gesicht der Deutschen Reichsbahn in den
späteren
Jahren prägten.
Bei den Fahrzeugen gab es einen deutlichen Entwicklungsschub, in kurzer
Zeit wurden bahnbrechende Erfindungen gemacht. So bedurfte es keiner
fünf
Jahre, um den Einzelachsantrieb bei den Elloks zu etablieren,
Großraumgüterwagen
entstanden und bei den Schnellzugwagen folgte eine moderne Bauart der
vorherigen.
Warum gerade 1928?
Zum ersten dient es der Vorbildtreue, wenn man sich für
seine Modellbahn
einen konkreten Zeitpunkt sucht. Zweitens, was mir fast wichtiger
erscheint,
erspart man sich Kauforgien wie "..ach die Lok muß ich unbedingt
noch haben!" Wer nicht den Hang zum Vitrinefüllen hat, hat seinen
Fahrzeugpark bald (relativ) vollständig.
Das Jahr 1928 ist aus mehrern Gründen interessant. Breslau ging
ans elektrische Netz, die Umzeichnung der Elloks wurde abgeschlossen,
die
vierte Wagenklasse abgeschaft und die 28er Schnellzugwagen erschienen.
Austauschgüterwagen erscheinen und stellen die "modernsten" Wagen
dar.
So ist es möglich, sparsam Elloks mit preußischer
Beschilderung
einzusetzen, Dampfloks in grün/ schwarz neben schwarzen Loks. Also
insgesamt gesehen ein bunter Fahrzeugpark.
Warum gerade Schlesien?
Hier finden sich die exotischsten elektrischen Fahrzeuge, wie
sich jeder
nach einem Blick in ein Ellok-Archiv überzeugen kann. Die
bayerischen
Elloks dagen sehen ziemlich uniform aus. Bis auf wenige
Ausnahmen, etwa die E 70.2, wirken die Loks in der Regel wie
Kastenbrote.
Das hat m.E. mit dazu beigetragen, daß der Ellokbestand als
gleichförmig
und langweilig wahrgenommen wird.
Betrachtet man dagegen die preußischen Elloks der frühen
Jahre: Fast alle haben die unterschiedlichsten Vorbauten und
Antriebsarten,
oft sehen sogar die Stirnwände verschieden aus. Dazu kommen noch
die
unterschiedlichen Lackierungen, eventuell vier Farbvarianten:
- das preußische grünbraun RAL 6008
- das Einheitsblaugrau 4h RAL 7018
- die unbehandelten Holzverkleidungen
- nach Helmut Klauss auch kaffeebraun RAL 8017
Bayern bietet dagegen nur braun und blaugrau.
Einen Nachteil muß man natürlich erwähnen:
Preußische
Elloks sind als Großserienmodelle kaum zu bekommen...
Was ist zu beachten bei der Fahrzeugauswahl?
Preußen über Preußen.
Bei den Loks gibt es keine nennenswerten Neubaufahrzeuge, ein paar
01 und 02, die 43/ 44, das war es auch schon im wesentlichen. Den
Verkehr
dominieren immer noch Länderbahnmaschinen. Bei den
Güterzugloks
dürften die meisten schon schwarz sein, bei den Reisezugloks gibt
es noch eine nennenswerte Zahl grün/ schwarzer Maschinen.
Auch bei den Reisezugwagen überwiegen Länderbahnwagen, erst
in der zweiten Hälfte der Dreißiger stellen Einheitswagen
die
Mehrheit. Bei den Personenzügen tauchen die ersten
Donnerbüchsen
auf.
Bei den Güterwagen sieht es noch interessanter aus. So kommen
bei den gedeckten G- Wagen auf einen (!) Gr Kassel 15 Wagen der
Verbandsbauart
und zwölf Wagen der Länderbauart.
O- Wagen: Ein Om Königsberg (Austauschbauart) läuft unter
sieben Om Essen (Verbandsbauart) und zwölf Wagen der
Länderbauart
(Om Ludwigshafen)
Konkret bedeutet das für Reisezüge auf
Hauptstrecken:
Sparsamster Einsatz von Einheitsloks, von Schnellzugloks
überhaupt.
Den Reiseverkehr bewältigt, je nach Landschaft die S 10.1
(Roco, alles nur für H0 gültig)
oder S 10 (Norddeutschland, Trix) für Schnellzüge,
Personenzüge
befördert die P 8 Weinert, GFN oder P 10 (GFN).
Elektrische Reisezüge im Riesengebirge zieht die EP 213
bis 219 (MMM), die EP 236 (Westmodel, MMM) bis EP 252 (Westmodel), die
E 21 (Westmodel, MMM)
und zum Jahresende 28 kommt die E 17 113 (Roco) nach
Görlitz.
Reisezüge bestehen hauptsächlich aus preußischen
Oberlichtwagen
(GFN, Brawa, Trix). Darunter sind ein paar Hechte (reichsweit 270
Fahrzeuge,
Roco), wenige 26er (insgesamt 130, Lima), vielleicht noch einige
nagelneue
28er (etwa 65 Wagen, Liliput). Höherwertige Schnellzüge
können
entsprechend mehr Einheitswagen führen.
Süddeutsche Länderbahnwagen sollten auch
zurückhaltend
verwendet werden, einzig bei planmäßigen Schnellzügen,
die Bayern oder Würtemberg zum Ziel haben. Da es aber in den
Zwanzigern
kaum Schnellzüge gab (die Hochzeit der schnellen Verbindungen kam
erst 10 Jahre später) sollten vor allem Eil- und Personenzüge
verkehren. Als Wagenmaterial empfielt sich da der typische
Hauptbahnpersonenwagen
schlechthin, der C3pr. (Roco, GFN, Märklin).
Für beschleunigte Personenzüge bzw. Eilzüge kann ruhigen
Gewissens der vierachsige preußische Abteilwagen (GFN) verwendet
werden.
Mitunter sieht man aber auch Fotos, auf denen Personenzüge
C4üpr
mitführen.
Und für Güterzüge:
Güterzüge mit Durchschnittsgeschwindigkeiten um 20
km/h werden
von den G 8,1 (Weinert, GFN), G 10 (Roco) und G 12 (Roco) geschleppt,
elektrisch von den E 90.5
(Westmodel),
E 91.3 (Metropolitan, Westmodel), E 91.8 (Roco), E 92 (Metropolitan,
Westmodel, MMM) und
natürlich
der E 95 (Günther, Brawa).Güterzüge bestehen insgesamt
hauptsächlich
aus Verbandswagen, der Bestand lag etwa bei 2/3 aller Wagen. Bei
manchen
Bauarten läuft um diese Zeit die Produktion der Verbandsbauarten
gerade
aus und die Herstellung der Austauschwagen an.
Abweichungen gibt es bei den Om- (Ludwigshafen, Piko; GFN) und
G- Wagen (Hannover, Piko; Stettin, Trix), da gab es noch zum Beginn der
30er Jahre große Bestände an Länderbahnwagen.
Unter den Länderbahnwagen herrscht nach Herkunft etwa
folgendes
Verhältnis
|
Preußen |
Meckl. |
Oldenbg. |
Bayern |
Sachsen |
Würtemb. |
Baden |
Anzahl |
380 000 |
3 300 |
2 300 |
42 400 |
30 900 |
10 100 |
17 500 |
Modell |
40 |
|
|
4 |
3 |
1 |
2 |
Mecklemburg und Oldenburg entwickelten keine eigenen
Güterwagen,
so daß die Wagen beiden Preußen mitzählen können.
Dieses Verhältnis ist natürlich nur für das gesammte
Gebiet
der DRG gültig, regionale Unterschiede können zu
größeren
Abweichungen führen.
Was mir in diesem Zusammenhang wichtig erscheint, ist die
Tatsache,
daß man den Einsatz von Länderbahnwagen sorgfältig
abwägen
sollte, damit die Anlage (motivabhängig) glaubhaft wird. Wer eine
bayerische Nebenbahn darstellt, kann ruhigen Gewissens eine Vielzahl
bayerischer
Güterwagen einsetzen, aber fünf Ov Würzburg wirken in
einem
schlesischen Kohlerevier deplaziert.
Zu bedenken ist, daß es vor 80 Jahren noch nicht üblich
war, Milch aus Bayern nach Ostpreußen zu transportieren oder
Nordseekrabben
zum Pulen nach Nordafrika und dann zum Verkauf zurück nach
Hamburg.
Güterwagen verlassen in der Regel nicht auf Dauer "ihr" Land. Das
liegt
vor allem bei Wagen der Länderbauarten an den nötigen
Wartungsfristen:
Trotz gemeinsamer Normen waren die Einzelteile der Länderbahnwagen
nicht
austauschbar, ein bayerischer Wagen konnte deshalb nur in Bayern
schnell
und problemlos aufgearbeitet werden. Preußische Wagen wegen ihrer
großen Anzahl und der Beschaffung auch durch andere Bahnen waren
in der Regel im ganzen Reich zu reparieren, sollten aber ebenfalls ins
Heimat- BWW oder RAW zurückkehren.
Ausnahmen bilden Fahrzeuge, die Ladungen von oder zu den Seehäfen
bringen. Seefische werden in die Mittelgebirge transportiert und auch
schlesische
Kohle wird in größeren Mengen nicht nur nach Bayern
geschafft.
Weiter sind noch Getreide, Sand, Mineralöl und Erz vorstellbar,
obwohl
zu dieser Zeit die Produktionsstandorte eher konzentriert waren und nur
das Fertigprodukt, nicht jeder Produktions- Zwischenschritt durch ganz
Europa
gekarrt wurde.
Die Verteilung der Produktionsstandorte kann man sich wie folgt
vorstellen:
Industrielle Zentren in Schlesien, Sachsen, Ruhrgebiet und bei den
Großstädten. Deutlich wird das beim Betrachten einer
Eisenbahnübersichtskarte,
die RBD Essen ist flächenmäßig geradzu winzig, weist
aber
auf engstem Raum eine Vielzahl Strecken auf. Ähnliche
Zusammenballungen
gab es im Rheintal, bei Halle - Leipzig, im Waldenburger Revier und
ebenfalls
in Oberschlesien. Die dort wohnenden Menschen müssen
natürlich
ernährt werden und bekamen ihre Lebensmittel aus den umgebenden
Gebieten
und aus den hauptsächlich landwirtschaftlich betriebenen Gegenden
wie Mecklemburg, Ostpreußen, Brandenburg, Hessen und
Bayern.
Gerade Bayern stieg erst nach 1945 als Ersatz für die verlorenenen
Ostgebiete durch geziehlte und massive Hilfen der übrigen
westdeutschen
Länder zur Industrieregion auf, man darf sich also nicht durch die
heutigen Verhältnisse (und das selbstbeweihräuchernde
Geschrei
der CSU) täuschen lassen.
Selbstverständlich sind das nur grobe Anhaltspunkte, so ist es
durchaus denkbar, daß auch Rüben von Ostelbien nach
Magdeburg
mit sächsischen Länderbahnwagen transportiert wurden, ich
halte
das aber eher für die Ausnahme als die Regel.
Führen wir und zuletzt noch vor Augen, daß jede Direktion
eine begrenzte Anzahl Wagen hatte, mit denen sie ihre Aufgaben
erfüllen
mußte. Dafür war der Wagenbestand kalkuliert und jeder
Wagen,
der im "Ausland" rumkutschte, fehlte der Heimatdirektion. Deshalb
wachten
sie eifersüchtig über ihren Bestand.
Konkrete Zahlen:
Verbandswagen können, außer bei den Om, bedenkenlos
in Massen
eingesetzt werden ohne die Vorbildtreue zu verlieren. Anders die
Austauschwagen,
hier ist eher Zurückhaltung angebracht.
Zur Illustration mal die Verhältnisse der wichtigsten
Güterwagenbauarten
beim Vorbild:
Wagengattung |
Anzahl Verbandswagen |
Anzahl Austauschwagen |
Modell Verbandswagen |
Modell Austauschwagen |
O Halle |
60 000 |
26 |
GFN, SaMo, Roco (zu lang) |
kein |
G München/ Kassel |
122 000 |
8 300 |
Roco neu, |
Piko |
SS Köln |
4 000 |
300 |
|
|
R Stuttgard |
35 000 |
1000 |
|
Roco |
H Regensburg |
8 000 |
9000 |
GFN |
|
O Nürnberg/ Schwerin |
24 000 |
|
GFN
|
Märklin |
K Elberfeld |
5 000 |
1 000 |
Roco, GFN
|
|
V Altona |
2 200 |
327 |
SaMo |
Piko |
Gl Dresden |
5 600 |
3 800 |
GFN
|
Roco |
Om Königsberg |
140 000 |
20 000 |
GFN |
Piko, Roco |
S Augsburg |
3 000 |
160 |
|
Märklin (Set) |
insgesamt |
408 800 |
43 913 |
|
|
Bei offenen Feldern fehlen mir die Angaben bzw.
es
wird kein halbwegs vorbildgetreues Fahrzeug produziert.
Die Wagen der Austauschbauarten wurden bis Mitte der
Dreißiger
gebaut, einige auch bis zum Erscheinen der Kriegsbauarten. Der Gr
Kassel
etwa wurde gut 10 Jahre gebaut, dabei wurde die ungefähre
Stückzahl
von 8 500 Wagen ereicht, davon allein bis 1935 die Mehrzahl, 8 300
Exemplare.
Damit wurden pro Jahr rund 850 - 950 Wagen gebaut, vom
Vorgänger G München
(in 16 Jahren) pro Jahr etwa 7600 Wagen.
|