Umbau: Ein WR6ü mit Teakholzaufbau
Vorbemerkungen
Eines vorweg: Maßstäbliche und vorbildgetreu
ausgeführte Modelle deutscher Speisewagen sind eher selten, an
irgendeiner Kleinigkeit hapert es immer. Man sehe sich
spaßeshalber mal die ernüchternden Berichte Will Berghoffs an, die
sich allerdings auf die DSG-Zeit beschränken. Und in unserer Zeit
ist das noch viel schlimmer!
Die Zahl der Mitropa-Speisewagen für die Epoche II kann man fast
an einer Hand abzählen. Der Schürzenspeisewagen WR4ü-39 und der WR4ü-28 von Liliput,
letzterer übrigens der erste Neubauspeisewagen der Mitropa, der
WR4ü35 von GFN, und dann die Oldies im doppelten Sinne. Der
WR4ü von Schicht, von Trix und von GFN, dazu ein WR von Liliput
der auch als Orientexpress unterwegs war und von GFN neuerdings der
WR6ü. Ziemlich dürftig, vor allem weil die meisten der
Modelle recht betagt sind und aus einer Zeit stammen, in der
Vorbildtreue noch nicht so das Kriterium war. Aktuell zu kaufen gibt
von den Altbauwagen m.E. nur noch den Oberlichtspeisewagen von GFN,
egal ob nun als Vier- oder Sechsachser.
Ein besonders abwechslungsreiches Bild läßt sich damit nicht
erreichen und so bietet es sich (nicht nur aus finanziellen
Gründen) an, einen der Oldtimer umzubauen und aufzumotzen.
Das Vorbild
Vorbilder für Oberlichtspeisewagen gibt es
zahlreich, unterschiedliche Drehgestellbauarten, mit glatten und
verschalten Außenwänden, usw, usf. Teakholz-Verkleidung und
dreiachsige Schwanenhalsdrehgestelle sind allerding nicht die
häufigste Kombination. Die DESG hatte Teakholz-Wagen mit den
Nummern 808-816. Die NSG eine ganze Reihe mehr, so Nr. 1007 -1012, 1013
- 1015, 1016 - 1018, 1020. Die Wagen haben bei der MITROPA ihre alte
Nummer behalten.
Als Beispiel diene hier
ein Sechsachser der DESG um 1905.
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Bild 1
WR6ü der DESG, aus "Handbuch für den
Wagenaufsichtsdienst", Sammlung Verfasser
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Äußerlich wirkt der Wagen schon sehr
edel und auch innen sahen die damaligen Speisewagen sehr gediegen aus:
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Bild 2
ebenda
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Die Idee
In der Juli-Ausgabe des Modelleisenbahners 1989 erschien ein
zweiseitiger Artikel über den Umbau des Schicht-Speisewagens von
1959 in ein zeitgemäßeres Modell. Neben den
Detailverbesserungen war die umfangreichste Änderung der Umbau auf
sechsachsige Drehgestelle. Verfasser war Olaf Herfen, aus heutiger
Sicht sind ihm bei der Vorbilrecherche einige Fehler unterlaufen. So
wird u.a. der Umbauwagen als einer der DESG von 1907 bezeichnet, obwohl
das Reisezugwagenarchiv ab 1907 glattwändige Wagen angibt. Auch
ist der Schichtwagen nicht maßstäblich, weil bei der
Entwicklung das Dach des Sitzwagens die Wagenlänge vorgegeben hat.
DerSchichtwagen könnte einen der NSG-Wagen ergeben, wenn man das
Doppelfenster der Küche zum großen Einzelfenster umbaut.
Von den Proportionen dagegen ist es ein Wagen Bauart DESG 51-56 bzw.
751-756. Will man den Wagenkasten nicht umbauen, passt ein DESG-Wagen
bis 811. Allerdings darf man dann die
Paneelflächen nicht zählen, da ist nämlich jeweils eines
zuviel. Die 4/4/2-Paneel-Aufteilung ist vom Vorbild nicht bekannt, nur
die Anordnung 3/3/2.
Trotzdem ist auch heute noch der Umbau sehr reizvoll, weil einerseits
die Zahl alter Speisewagen begrenzt ist, andererseits der Schichtwagen
immer noch eine brauchbare Grundlage darstellt.
Seit 1989 plante ich einen solchen Umbau, nur gerieten mir nie die
benötigten dreiachsigen Drehgestelle in die Hände.
Nun bin ich handwerklich gereift und nach Erscheinen der Sechsachser
von GFN erinnerte ich mich an das alte Projekt. Ausgelöst durch
eine Diskussion bei DSO, in der es um die Verbesserung der alten
Schichtpreußen ging, befaßte ich mich wieder mit den
Drehgestellen...
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Bild 3
der Baubebericht aus dem MEB
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Das Modell
Herfens Idee mit den Drehgestellen vom Doppelstockzug konnte und wollte
ich nicht umsetzen. Einmal habe ich immer noch keine Blechwangen,
andererseits sind die Schicht-Drehgestelle auch viel zu breit. Die fast
3 mm breiten, gedrehten Räder in spitzengelagerten Blechwangen,
daran außen noch die über 2 mm breiten Polystyrolblenden,
damit wird das Drehgestell fast so breit wie der Wagen. Deutlich
schmaler schleifen lassen sich die Gestellblenden nicht, also hilft nur
einen Innenlagerung.
Die nächsten Bilder zeigen die Anfertigung des Drehgestells recht
gut, so daß große Erklärungen überflüssig
sind. Man sollte nur beide Innenwangen vor dem Bohren aufeinander
löten und genau anreißen und körnen sowie bohren.
Verwendet wurden Schicht-Drehgestelle, die es mal über den DMV als
Ersatzteile gab. Tillig müßte die für die Bghwe von
Sachsenmodelle
immer noch im Angebot haben.
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Bild 4
das dreiachsige Drehgestell mit Innenlagerung
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Das Stückeln der Blenden ist nicht schwer, bei
sauberer Arbeit sieht man kaum die Trennschnitte. Rechts über
diesem Text zeigt das Teilfoto sehr schön die unterschiedliche
Breite der Drehgestelle.
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Bild 5
das rohe Drehgestell unter dem WR
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Analog der Bauanleitung von 1989 wurde der Drehpunkt um
9 mm vorverlegt. Das ist sinnvoll, weil sonst der erste Radsatz innen
gegen den Rahmen schlägt.
Durch meine 800er Mindestradien muß ich weniger Klimmzüge
wegen der Bogenlaufeigenschaften meiner Wagen machen. So bekam der
Wagen mangels geeigneter Kulissen erst einmal nur bewegliche
Normschächte, deren Vorderkante um 1,5mm übersteht. Das
reicht in Verbindung mit Nachbarwagen, die KKK haben.
Die Puffer gab es zu DDR-Zeiten als Ersatzteile für die G 8.1,
aber Federpuffer wären auch nicht schlecht.
Zum Untergestell: Das Sprengwerk wird bis auf die, tja, Stützen
(?) entfernt. Diese werden mit 0,5 mm durchbohrt und aus 0,5er Draht
ein neues Sprengwerk gebogen. Die Bohrungen, bei denen der Draht durch
den Wagenboden geht, liegen am alten Drehpunkt der Drehgestelle.
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Bild 6
der WR nach der ersten Lackierung
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Die Aufstiegsbügel entstehen aus 0,4er Draht, hier
habe ich eine Weile ggerätselt, wo die anzubringen sind. Oberhalb
der Küche werden am Dach die Lüfter entfernt und aus PS die
Abzugshabe gefertigt. Jeder Kasten ist 7,2 mm lang. Der Anbringungsort
ist dem Foto oder dem Originalbild zu entnehmen.
Die Inneneinrichtung wird auch farblich neu gestaltet. Helles Gelb
für die Wende, rote oder braune Sitzpolster,weiße
Tischdecken und rote Pufflampen. Der Wagenkasten wird teakholzartig
lackiert, ein helles braun wirkt m.E. ganz gut. Rahmen und Leitern
müssen schwarz, Beschriftung, Lüftungsgitter und Griffstangen
messingfarben abgesetzt werden.
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Bild 7
die Inneneinrichtung
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Die angesprochenen Arbeiten erledigt, sieht der Wagen nach einer
probeweisen Montage schon einmal ganz ordentlich aus.
Der Räder mußte ich mich auch noch einmal annehmen. Sie
wurden auf RP25 abgedreht und um 0,5 mm schmaler gemacht, daher der
breite goldglänzende Ring.
Da der Wagenkasten noch nicht sein Kampfgewicht hat, liegt er (vor
allem links) noch ein wenig hoch. Wegen der außermittigen
Drehzapfen haben die Drehgestelle noch Andruckfedern bekommen und
außerdem eine Bleieinlage zwischen den inneren Achsen.
Die Lüfter und Abzugshauben müssen noch schwarz gestrichen
werden, die Räder gealtert und der Wagen muß unten noch
dezent verschmutzt werden. Die Inneneinrichtung liegt noch ein wenig
hoch, die Tischfläche darf nicht aus dieser Perspektive zu sehen
sein.
Und die Faltenbälge bereiten mir auch noch etwas Kopfzerbrechen...
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Bild 8
erste Probemotange
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Und nun der vorläufige Endzustand: Dach farblich behandelt und
abgesetzt sowie gealtert. Inneneinrichtung abgesenkt, speisende
Reisende eingesetzt, Räder farblich nachbehandelt,
zusätzliches Blei in den Einstiegsräumen und im Dach (wie man
sieht).
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Bild 9
lackiert, gealtert aber noch ohne Übergänge
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Fazit:
Es entsteht kein 100%ig vorbildgetreuer Wagen, die Abweichungen
wurden schon besprochen. Es
muß jeder für sich entscheiden, ob er mit diesen
Fehlern/Kompromissen leben kann.
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